Die Geschichte um Frankenstein
wurde auf verschiedene Arten verbreitet – als Buch, als Film, als Serie, als
Trickfilm. 1974 entwickelte Mel Brooks bereits den Film „Young Frankenstein“.
Das Musical entstand jedoch erst im Jahr 2007 und somit viele Jahre später. Es
feierte am 08. November 2007 am Broadway Premiere.
Auch wenn man zumindest aus
früheren Zeiten so ungefähr weiß wer Frankenstein ist, könnte dieser Stoff doch
überraschen. Eines vorab: Die Show ist überaus fulminant! Die verschiedenen
Zahnräder, die diese Show am Laufen halten, greifen immer wieder perfekt
ineinander – Darsteller, Kostüme, Bühne, Choreografie – alles ist bestens
aufeinander abgestimmt. Den Bühnen von Halle gelingt mit dieser
Deutschland-premiere eine sehr gute Produktion auf sehr hohem Niveau.
Um vollkommen unvoreingenommen
diese Show zu besuchen, habe ich vorher keinerlei Informationen gesucht oder
Songs aus der Show gehört. So war mir auch nicht klar, dass Frankenstein eine
Art komödiantisches Grusical ist, wodurch der Überraschungseffekt noch größer
war.
Zu Beginn der Show ziert der
Titel auf einem Vorhang die Bühne. Musik ertönt und das Geräusch eines Blitzes
durchbricht diese. Hinter dem Vorhang sind bereits Menschen zu erahnen, die
immer deutlicher zu erkennen sind. Mit Regenschirmen stehen sie da. Erst ein
wenig später wird klar, dass sie einer Bestattung beiwohnen, nämlich der
Bestattung von Doktor Victor von Frankenstein. Sie verkünden singend, dass sie
froh sind, dass der letzte Frankenstein tot ist. Das Ensemble singt und tanzt
beschwingt – die gesamte Bühne lebt. Jedoch gibt Inspektor Hans Kemp, der im
Kampf mit einer von Frankensteins Kreaturen sein linkes Bein und seinen rechten
Arm verlor, bekannt, dass es noch einen letzten verbliebenen Frankenstein gibt.
Bereits in dieser ersten Szene wird deutlich, dass das Stück eine große Portion
Humor verlangt und längst nicht alles wirklich so ernst ist. Immerhin musste
der Inspektor die weite Reise nach Wien antreten, um jemanden zu finden, der
ihn wieder zusammen flicken konnte. Sebastian
Römer verleiht dem Inspektor äußerlich eine durchaus imposante und doch
strenge Ader, sodass man doch ab und an eine Hand voll Respekt vor ihm hat.
Die Szene wechselt und zum
Vorschein kommt ein Hörsaal an einer renommierten amerikanischen Universität, in dem Doktor Frederick Frankenstein
eine Vorlesung über das Gehirn hält. Björn
Christian Kuhn beeindruckt mit einer tollen, klaren Stimme, aber auch durch
seine ausdrucksstarke Darstellung des Doktors. Fröhlich und mit einem breiten
Lächeln singt er sein erstes Solo über das Gehirn. Das Klischee wird direkt
erfüllt und auch wenn ich nicht Medizin studiert habe, so fühlte ich mich doch direkt an den ein oder anderen
Professor aus meiner Zeit an der Uni erinnert. Und diese Erinnerung an früher
sollte nicht die einzige bleiben. Auch in dieser Szene kommt wieder die
überspitzte Komödie zum Vorschein, wenn der Doktor durch Anlegen einer
Schraubzwinge an den Hals seines älteren Probanden dessen Reflexe und sein
Schmerzempfinden ausschaltet, sodass er ihm ohne Empfinden in die Genitalien
treten kann.
Im Anschluss an die Vorlesung
erhält der Doktor ein Telegramm aus Transsylvanien, doch bevor er dieses
vorlesen lässt, klärt er den Boten erst auf, dass er nicht Frankenstein sondern
Froankenstien heißt. Wie oft diese Korrektur des Namens noch auftauchen wird,
kann man an dieser Stelle nicht ahnen. Er erfährt nun, dass sein Großvater
verstorben ist und er direkt nach Transsylvanien kommen soll, um dessen
Nachlass zu verwalten. Da er sich von den Forschungen seines Großvaters
distanziert hat, was er auch durch seinen Namen deutlich zu machen versucht,
möchte er die Reise eigentlich nicht antreten, was er aber letzten Endes doch
tut.
So erscheint in der nächsten Szene der
Bahnhof, an dem er ungeduldig auf seine Verlobte Elizabeth Benning wartet,
während der Schaffner bereits zum Einsteigen auffordert. Schließlich betritt Anna Thorén als exzentrische Elizabeth
die Bühne und zieht nicht nur allein aufgrund des farblich sehr extravaganten
Kostüms alle Blicke auf sich. Lila und pink passen doch aber wirklich gut
zusammen, oder nicht? Und so einen pinken Plüschmantel wünscht sich doch nun
wirklich jeder?! Sie spielt Elizabeth auf eine herrlich überspitzte Art und
Weise, die kaum beschreibbar ist, wenn man es nicht gesehen hat. Betonung und
Variation der Stimmfarbe tun ihr weiteres, um die schrille Art der Verlobten
rüberzubringen. Alles passt zusammen und erfüllt nebenbei erneut die Klischees
über die exzentrische Frau mit dem jungfräulichen Doktor an ihrer Seite, für
den die Wissenschaft an erster Stelle steht. Doch Elizabeth klärt im nächsten
Atemzug auf, dass doch eigentlich jeder weiß, dass sie an erster Stelle steht.
Er will sie zum Abschied küssen, auch wenn sie ihn eigentlich gar nicht gehen
lassen will, doch sie wehrt stimmgewaltig ab: Lippen! Frischer Lippenstift –
der darf nicht geküsst werden! Natürlich dürfen auch die frischlackierten
Nägel, die 3 Monate zum Trocknen brauchen, und die Haare nicht berührt werden,
da sie am Abend noch auf eine Party muss. Daher verspricht er ihr, dass er ihr
nicht einen Schritt näher kommen wird. Als er dann aber doch einen Schritt auf
sie zumacht, weil er es natürlich nicht so ernst gemeint hatte, springt sie
schrill zurück, worauf er resigniert sagt, dass er doch aber wenigstens träumen
dürfe. Dies ist der Anlass für ihr Solo: Nicht berühren! Sie erzählt ihm
singend was er alles dürfe, zumindest im Traum! Denn Berühren ist verboten. Anna Thorén zeigt hier eine ganz andere
Seite und brilliert erneut stimmlich. Schließlich tanzen die zwei den
Nicht-Berühren Tanz, der auch von den dazu kommenden Passagieren getanzt wird. Es
ist amüsant dem Treiben auf der Bühne zuzuschauen, während der Songtext
zunehmend vulgärer wird, was im ersten Moment doch ein wenig erschreckend ist.
Der Zug verlässt New York und
wenig später findet sich Frederick Frankenstein in Transsylvanien am Bahnhof wieder,
wo er von seinem neuen Gehilfen Igor abgeholt wird. Auch hier stellt er wieder
klar, dass er Froankenstien heißt, was Igor entsetzt kommentiert und auch
direkt nachfragt, ob er dann Froadrick Froankenstien heißt, was aber auch
wieder korrigiert wird. Herrlich lustig wird es dann, wenn Igor klarstellt,
dass er Eigor heißt, wie die Nordwand. So langsam findet man dann auch den
roten Faden durch das Stück, der eindeutig auf der komödiantischen Ader liegt.
Mein erster Gedanke als Igor die Bühne betritt war: Wow, der sieht meinen
Vorstellungen, die auf den Film aus meinen Kindheitstagen basieren, aber
verflucht ähnlich! Aber nicht nur hier bemerkt der Zuschauer die detailtreue
der Kostüme und Maske. Ásgeir Páll
Ágústsson spielt Igor imposant und vielschichtig – mal erschreckend
gruselig, mal fröhlich singend und tanzend. Sehr facettenreich und genial
gespielt. Auch stimmlich überzeugt er sofort. Die düstere Szene des
transsylvanischen Bahnhofs lockert sich durch das swingende Duett der beiden
schnell auf. In dieser Szene wird aber auch ein Moment zum Nachdenken
präsentiert, wenn Doktor Frederick Frankenstein Igor seine chirurgischen
Fähigkeiten anbietet und seinen Buckel entfernen würde, worauf Igor gelassen
und doch leicht entsetzt antwortet, von welchem Buckel die Rede sei. Hier wird
zum ersten Mal das Thema des perfekten Menschen aufgegriffen.
Schließlich schieben vier
attraktive junge Bauern einen Heuwagen auf die Bühne, auf dem sich die im
ersten Moment zum Leben erwachte Mischung aus Heidi und Rotkäppchen befindet.
Auch hier kommt wieder dieses Déjà-vu aus Kindheitstagen zum Vorschein, das
dieses Erlebnis zusätzlich einmalig macht. An diesem Abend wurde Inga von Bettina Mönch gespielt. Sie mimt das
schüchterne, aber auch aufreizende, ländliche, blonde Dummerchen perfekt und
mit durchdringender klarer Stimme. Trotz allem konnte ich besonders am Anfang
nichts mit ihrer Rolle anfangen. Vielleicht liegt es einfach daran, dass ich
dann doch zu viel darüber nachdenke warum das jetzt so ist und mich dann nicht
voll auf die Szene einlassen kann. Ihr Solo Roll
dich im Heu passte für mich aber eindeutig nicht in die Szene und hat nur
Fragen aufgeworfen. Nachdem dann auch eine Runde gejodelt wurde, die
attraktiven Jungs hüpfend eine holprige Fahrt simuliert haben und Inga und
Frederick sich im Heu auf dem Wagen rumgerollt haben, kommen sie am Schloss
Frankenstein an. Allein beim Zuschauen tat mein Nacken weh.
Während Igor nun die Ankunft mit
Klopfen der großen, schweren Ringe an der riesigen Tür ankündigt, ist es wieder
mal Zeit für einen Lacher, wenn Frederick die Szene mit einem „Das sind aber
große Dinger!“ kommentiert und dies auf die Eisenringe bezieht, während Inga diese
Aussage auf ihre Brüste bezieht und sich überrascht bedankt. Auch wenn solche
Elemente aus unzähligen Comedy-Serien bekannt sind, finde ich es bemerkenswert
wie gut diese Szenen von allen Beteiligten dargestellt werden.
Gabriele Bernsdorf öffnet als Magd Frau Blücher das Tor. Ihre
Erscheinung fügt dank der dunklen, strengen Perücke und dem schwarz-weiß
gehaltenen Kostüm perfekt in die Szenerie ein und auch ihr Akzent erfüllt auch
hier die Klischees. Sie spielt die Magd oft herrlich emotionslos, was
sicherlich auch nicht so einfach ist. Gesanglich kann sie ebenfalls ihre Vorzüge
zeigen. Was mir allerdings im gesamten Stück absolut schleierhaft blieb, ist
das Pferdewiehern, das immer dann ertönt, wenn ihr Name fällt. Des Rätsels Lösung ist, dass es ein Element aus einer Verfilmung ist, die ich nicht kannte.
Während alle anderen schließlich
in ihren Zimmer verschwunden sind, liest Frederick in der Bibliothek seines
Großvaters, wo er zu seinem Erstaunen allerdings nur primitive Bücher wie
Heidi, Black Beauty oder Kamasutra findet. Frau Blücher gibt vor, dass sie
nicht wisse wo die Fachbücher seien. Aufdringlich versucht sie ihm noch einen
Dienst ihrerseits aufzudrängen und ihm noch einen Brandy oder ähnliches bringen
zu dürfen. Im Nachhinein wird klar, dass sie die Geliebte von Victor war und
sich hier erneut versucht an einen Frankenstein ranzumachen.
Im Traum erscheint Frederick sein
Großvater, der ihn für die Namensveränderung anklagt und versucht ihm
begreiflich zu machen, dass er dem Ruf des Blutes folgen muss und Kreaturen
erschaffen müsse. Olaf Schröder
spielt Doktor Victor von Frankenstein mit klarer, kraftvoller Stimme und schaurig-schönem
Schauspiel. Auch in dieser Szene unterstützt das Ensemble das Treiben auf der
Bühne und mit großartigen Stimmen. Ich habe bereits einige Produktionen an
Stadttheatern gesehen, aber bisher nicht so eine tolle tänzerische Leistung des
Stammensembles an einer Oper.
Inga reißt Frederick schließlich
aus seinem Albtraum, woraufhin sie den Klang einer Geige vernehmen. Dadurch
kommen sie hinter die Mechanik des drehbaren Bücherregals, das den Weg in das
Labor verdeckt. Diese tückischen Drehregale sorgen natürlich wieder für einen
Lacher. In der sich anschließenden Szene wird zum ersten Mal deutlich wie
durchdacht und genial Bühnenbild konzipiert ist. Während sich das Zimmer
langsam auf der Drehbühne dreht, fährt es hydraulisch hoch, sodass die zwei den
Weg in das Labor im Keller bestreiten können. Warum die zwei hier allerdings
durch die langsame Aussprache ihrer Texte die Szene verzerren, ist mir nicht
klar.
Im Labor entdecken sie Igor und
schließlich auch Frau Blücher, die auf der Violine gespielt hat. Doch vorher
kommt mit Ingas Aussage „Sie (die Violine) ist noch ganz warm!“ erneut eine
Parallele zum Vorschein und sorgt erneut für Lacher. Dort unten übergibt Frau
Blücher Frederick auch ein erstaunlich kleines Büchlein mit den Notizen von
Victor, ihrem Liebling. Nach dem Lesen der Notizen ist auch Frederick von der
abstrusen Wissenschaft überzeugt und bittet Igor darum ihm das Gehirn eines
toten genialen Kopfes zu bringen, während sie auch darüber nachdenken, dass die
Leiche ziemlich groß sein müsse.
So geschieht es, dass Frederick
ein Monster erschafft. Doch erst glaubt er an sein Versagen, dass die Kreatur
rührt sich nicht. Erst, als kein Protagonist mehr auf das Monster achtet,
erhebt sich zumindest ein männliches Körperteil, das reflexartig von Frau
Blücher wieder runter gedrückt wird. Erst beim zweiten Erheben und dem Stöhnen
bemerken alle, dass das Monster lebt! Allerdings wird dann auch
augenscheinlich, dass Igor ihm das Gehirn des Abt Normal bzw. ein abnormales
Gehirn gebracht hat, da ihm das geniale Gehirn vorher in den Dreck gefallen
war, weshalb er es entsorgt hatte. Die äußere Erscheinung des Monster ist
wieder ein genialer Kunstgriff der Maske – täuschend nah an dem Film. Thomas Weissengruber, der das Monster
spielt, hat anfangs sicherlich auf den ersten Blick keinen schweren Part
gezogen. Wenn man allerdings genauer darüber nachdenkt, ist es vermutlich doch
nicht so leicht sich nur durch Mimik, Gestik und stöhnendem Knurren derart
Respekt zu verschaffen. Imposant und ausdrucksstark gespielt.
Nachdem das Monster aufgrund
eines Feuers ausrastet und Frederick würgt, folgt eine Partie Scharade, da
dieser nicht mehr sprechen kann. Aber er möchte den anderen doch mitteilen,
dass Inga dem Monster die Betäubungsspritze geben soll. Wie auch immer Igor auf
den Ausruf „Viel Lärm um nichts“ kommt, ist schleierhaft, sorgt aber in
zweierlei Hinsicht für Lacher. Nämlich einmal prompt und anschließend wenn
Frederick ihn dafür versucht zu strafen.
Die Dorfbewohner, die beschlossen
haben, dass sie jeden Hängen werden, der eine Kreatur erschafft, wollen dem
Treiben auf dem Schloss auf den Grund gehen, weshalb sie vortäuschen den
Besucher Transsylvaniens willkommen heißen zu wollen. Natürlich ist es schon
vorhersehbar, dass das Monster die Menge aufscheucht. Das Stöhnen des Monsters
veranlasst Igor zu einem fulminanten Solo, in das auch die anderen schließlich
einstimmen. Doch dann flüchtet das Monster, was den Mob aufscheucht und
Frederick an seiner Arbeit zweifeln lässt.
Während des Openings des zweiten
Akts wird besonders die imposante Komposition deutlich, die oftmals bedingt
durch Gesang oder Trubel auf der Bühne untergeht. Auch hier wird das Treiben
wieder sehr schnell unübersichtlich, aber doch bemerkenswert wie die
verschiedenen Positionen über die Bühne fegen und dabei von einem starken
Ensemble nicht nur gesanglich unterstützt werden. Das Monster flieht. Die Szene
wechselt erneut und zeigt Inga und Frederick im Labor. Sie umgarnt ihn mit
ihrem Gesang, ihren Reizen und ihrem versteckten Wissen über große Namen.
Schlussendlich landen die zwei auf der Bahre, auf der das Monster erschaffen
wurde, unter einem Laken. Frau Blücher betätigt die Hydraulik, sodass die Bahre
hoch in die Luft fährt. Die herunterfallenden Kleidungsstücke zeigen deutlich
was die zwei treiben.
Igor und Frau Blücher platzen
herein und stören als erstes Fredericks Schritt auf weiblichem Terrain. Noch
während sie sich fragen was sonst noch schief gehen könnte, platzt Elizabeth
mit einem spritzigen „Hallo! – Ich bins, ich bins…“ herein. Zugegebenermaßen
kam auch hier schlagartig ein Déjà-vu. Michael Schanze hätte es in seiner
Sendung Kinderquatsch nicht besser singen können. Allerdings sah Michael nie so
aufreizend aus oder trug gar Tiger- bzw. Leopardenlook. Dieses Outfit erfüllt
erneut alle Klischees. Die beschwingte Komposition lädt zum mit wippen ein,
während Anna Thorén mit
eindrucksvoller Stimme singt, dass jeder Mann gern überrascht werden würde. Im zweiten
Teil des Liedes harmoniert sie sehr schön mit ihren Stylisten, die sie
natürlich mit in das düstere Transsylvanien gebracht hat. Nicht nur vom Outfit
her zieht sie alle Blicke auf sich, sondern auch durch ihre Stimme. Bereits als
Elphaba und Marie Antoinette konnte sie in den letzten Jahren überzeugen, doch als
Elizabeth zeigt sie eine ganz andere, ungeahnte Seite. Ein verborgener Juwel!
Aber auch in dieser Szene gibt es
einen Moment, den ich nicht verstehe, nämlich der, wenn Frau Blücher Elizabeth
„bearbeitet“ und diese schließlich darauf eingeht.
Natürlich entdeckt Elizabeth was
Frederick und Inga getrieben haben, verzeiht ihm aber. Diese Szene strotzt nur
so vor Slapstick und Klischees, was aber wunderbar in die Szene passt.
Was der Blinde in der Geschichte
zu suchen hat, ist mir auch nicht klar, sorgt aber für viele Lacher, wenn das
Monster bei ihm auftaucht. Die ihm angebotene Suppe schüttet der Blinde auf die
Hose von Frankenstein, was dieser durch lautes Stöhnen kommentiert, den Becher
voll Wein schlägt der Blinde ihm aus der Hand und schlussendlich zündet er den
Daumen des Monsters anstatt der Zigarre an, wodurch das Monster flüchtet.
Schließlich wird es wieder
eingefangen und in ein Verlies gesperrt. Heldenhaft will Frederick zu ihm gehen
und bittet Inga, Frau Blücher und Igor darum, ihm nicht zu helfen, auch wenn
es ihn das Leben kosten würde und egal wie sehr er sie anflehen würde. Jeder
kann sich sofort denken, dass das Monster sich von seinen Ketten befreit, ihn
angreifen und dieser dann um seine Freilassung flehen wird. Aber brav wie
die drei sind, halten sie sich die Ohren zu, weshalb Frederick das Monster mit
seiner Liebe zu beschwichtigen versucht und ihm einredet, dass es ein attraktiver
Mann sei. Die Aussage, dass er grün sei, weckt Erinnerung an die Zauberwelt von
Oz, auch wenn das so sicherlich nicht gemeint war. Wieder ein ausdrucksstarkes
Lied von Björn Christian Kuhn.
Das Monster kann gezähmt werden
und dem Volk vorgeführt werden, sodass es sieht, dass das Monster nicht böse
ist. Warum das Lied, zu dem Frederick und das Monster tanzen und singen das
einzige ist, das auf Englisch ist, bleibt mir unverständlich. Nach dieser
komödiantischen Performance der zwei, die das Volk überrascht, schnappt sich
das Monster Elizabeth, weil es erneut von einem Feuer aufgescheucht wird. Im
Wald kommt es dann auf dem Waldsofa zu einer der genialsten Szenen.
Schauspielerisch sowohl von Anna als
auch von Thomas sehr einfühlsam und
ausdrucksstark. Sie mimt erneut die exzentrische, aber anfangs ängstliche
Frau, die ihm vorwirft, dass doch alle Männer nur das Eine wollen.
Schließlich landen die zwei hinter dem Sofa und unter Stöhnen und Feuerwerk singt
sie von der Liebe.
Der Inspektor und er Droftrottel
Ziggy, gespielt von Andreas Guhlmann,
leiten unterdessen die Suchaktion.
Sie ist von der tiefgehenden
Liebe, die sie tief umhüllt, überzeugt und ist dem Monster verfallen. Mit
kraftvoller Stimme verführt sie das Monster und verkündet ihm, dass sie durch
Zufall ihren Traummann, ihren Schlagbolzen, gefunden hat. Während sie sich noch
in Ekstase singt, wird das Monster erneut aufgescheucht und flieht – ohne sie, aber mit einem ihrer Schuhe. Es
landet wieder im Labor, wo Frederick ihm sein eigenes Wissen transferieren will.
Bevor das Volk das Schloss stürmen kann, können sie den Transfer durchführen,
doch das Monster scheint tot zu sein. Frederick wird abgeführt und auf dem
Marktplatz gehängt, als plötzlich das Monster auf die Bühne stürmt und Doktor
Frederick Frankenstein mit Worten verteidigt. Doch es ist zu spät. Durch seinen
genialen Verstand und vor allem einem glücklichen Umstand gelingt es ihm,
Frederick zu retten. Doch das Volk verurteilt direkt beide wieder zum Tod durch
Hängen, da sie den Tod von Elizabeth zu verantworten hätten, die prompt auf die
Bühne gestolpert kommt und fragt, ob nach ihr gerufen wurde. Bis sie plötzlich
in der Hand des Inspektors ihren zweiten Schuh entdeckt und freudig darauf zu
stürmt. Auch hier wieder toll gespielt.
Während nun die Paarungen
wechseln und Inga und Frederick zusammen kommen, gesteht Elizabeth, dass sie
das Monster liebt. Doch noch weiß sie nichts davon, dass es sprechen kann.
Überraschung! An dieser Stelle darf Thomas Weissengruber auch endlich seine ausdrucksstarke Stimme präsentieren. Schade, dass er nicht mehr Möglichkeiten dafür hat. Frau Blücher verlässt schließlich die Bühne zu ihrem Blinddate –
mit dem Blinden.
Das Stück ist ein wahres
Kunstwerk, wie bereits zu Beginn erwähnt. Alle Beteiligten arbeiten wie ein gut
funktionierendes Uhrwerk zusammen und bringen so ein absolutes Highlight auf
die Bühne. Da kann man sich einfach zurücklehnen und das Stück genießen. Und
zwischendurch schaffen sie es sogar einen Muffelmotz wie mich zum Schmunzeln zu
bringen. Neben den vielen komödiantischen Elementen hat das Stück für mich auch
durchaus eine Botschaft – wenn nicht sogar mehrere. Es hat mich berührt wie
Frederick am Ende des Stücks zu seinem Namen stand und die Verantwortung für
sein Handeln übernommen hat. Insgesamt ist das Ende des Stücks ein
Gänsehautmoment. Jeder einzelne Beteiligte leistet grandiose Arbeit.
Es war die weite Reise durchaus
wert und ich wünsche mir, dass dieses Stück nun öfter in Deutschland gezeigt
wird.