„Das Geheimnis des Edwin Drood“ - Musical-Premiere am 09.
Februar 2013 im Theater Münster
Charles Dickens ist vermutlich jedem ein Begriff. Zumindest
mir als Lesemuffel wirklicher Schriftstellerkunst war er allerdings nur im
Zusammenhang mit Weihnachten ein Begriff und selbst an diese Geschichte
erinnere ich mich nicht sonderlich, sodass ich vollkommen unvoreingenommen am
gestrigen Abend meinen Platz im Theater einnahm.
Der erste Teil von „Das Geheimnis des Edwin Drood“ erschien
1870 als erste Kriminalgeschichte Dickens‘. Wenig später stellte sich heraus,
dass es auch die letzte sein wird, denn noch bevor diese Geschichte vollendet
werden konnte, starb Dickens und hinterließ keinerlei Notizen zur Auflösung der
Geschichte. Bis heute haben viele Autoren Fortsetzungen geschrieben. Dabei gibt
es die unterschiedlichsten Lösungen.
Der junge Edwin Drood ist Waise und lebt bei seinem Onkel
John Jasper in Cloisterham, der allerdings, wie Edwin relativ zu Beginn sagt,
nicht viel älter als er selbst ist, weshalb die zwei keinen sonderlichen Wert
auf die Verwandtschaftsbezeichnungen legen. Bereits seit seinen Kindertagen hat
sein Vater festgelegt, wen Edwin später heiraten soll – nämlich Rosa Budd. Rosa
ist ebenfalls Waise, lebt im Mädchenpensionat und bekommt Gesangsunterricht von
John, der ihr zuweilen allerdings Angst macht. John scheint ein Mann mit zwei
Gesichtern zu sein, wirkt oftmals herrisch. Auch stattet er Prinzessin Puffer
in ihrer Opiumhöhle einen Besuch ab.
Später tauchen Helena und Neville Landless aus Ceylon auf,
die ebenfalls seit kurzem Waisen sind und nun in der Obhut von Hochwürden Crisparkle
stehen. Neville und Edwin geraten schon bald aneinander, da Neville Edwins
Verlobte – Rosa – begehrt. Neben diesen Charakteren gibt es noch den Steinmetz
Durdles und dessen Gehilfen, die eine Gruft für die Frau des Bürgermeisters
bauen und einen großen Hang zur Flasche haben. Um die Verwirrungen zu
komplettieren, gibt es noch den geltungssüchtigen Bazzard.
Um Weihnachten herum beschließen Edwin und Rosa, dass
niemand sie zu ihrer Heirat zwingen können und lösen die Verlobung
einvernehmlich auf. Von nun an wollen sie Freunde sein. Nach einem
handgreiflichen Streit zwischen Neville und Edwin hofft Bürgermeister Sapsea
auf eine Versöhnung beim Weihnachtsessen. Doch als ein Gewitter aufzieht,
verlassen die beiden das Haus und wollen zum Fluss gehen.
An diesem Punkt wendet sich die Geschichte, denn Edwin
verschwindet an diesem Abend. Sechs Monate später erscheint der Detektiv Dick
Datchery in Cloisterham und versucht den Fall aufzuklären. Die Geschichte endet
mit einem Cliffhanger, denn niemand wird je erfahren welches Ende Charles
Dickens für diese Geschichte vorgesehen hat.
Direkt zu Beginn des Stücks bemerkt der Zuschauer, dass er
in keinem normalen Musical ist, denn der Prinzipal, der von Gerhard Mohr gespielt wird, spricht das
Publikum direkt an. Anfangs ist dies doch etwas verwirrend, zumal er nicht nur
die Rollen, sondern auch die Darsteller vorstellt. Hier muss man stark
aufpassen, dass man alles richtig mitbekommt, sonst ist man sehr schnell
verwirrt. Allerdings entstehen gerade durch diese Art des Theaters viele
erheiternde Momente. So stellt er zum Beispiel die Rolle des John Jasper vor,
der ein exzellenter Sänger muss, weshalb kein geringerer als Alex Herrig für diesen Part engagiert
wurde. Und in der Tat sorgt Alex Herrig
in der Rolle des John Jasper für einige gesangliche Gänsehautmomente. Er
interpretiert seine Rolle auf eine eindrucksvolle arrogante, herrische Art.
Das Theater Münster hat für die Titelrolle eine namhafte
Musicaldarstellerin engagiert, die seit ihrer Darbietung als Elphaba im Musical
Wicked eine große Fangemeinde hinter sich stehen hat. Roberta Valentini liefert wie immer eine beeindruckende Leistung
ab, allerdings ist ihre Fangemeinde auch nichts anderes gewöhnt. Auch wenn sie
in diesem Stück ihre erotischen weiblichen Formen verstecken muss – auf diese
Weise wird sie vorgestellt – weiß sie das Publikum in diesem Stück mit Melone
zu verzaubern. Leider wird ihre Stimme gerade in sehr schnellen Sprechphasen
etwas dünn, doch dieses Phänomen, dass die Stimme dann dünn wird, wenn sie
scheinbar mit viel Kraft und Emotionen sprechen will, kennt man bereits aus
Wicked. Auch wenn das zweifelsohne schade ist, ist es kein Beinbruch und wird
durch ihre spritzige Art wett gemacht.
Rosa Budd wird charmant und lieblich von Julia Lißel dargestellt. Zu Beginn wirkt
sie einfach nur süß in ihrem roten Kleid und man ahnt nicht welch eindrucksvolle
Stimmgewalt hinter ihrer Person steht.
Peter Jahreis
spielt den Mann Gottes – Hochwürden Crisparkle – des Stückes auf eine imposante
Art und Weise, die Erinnerungen an Filme weckt.
Einen etwas merkwürdigen Eindruck haben die Geschwister Landless
bei mir hinterlassen, die von Johanna
Marx und Dennis Laubenthal
gespielt werden. Helena Landless erinnerte mich die ganze Zeit an Prinzessin
Jasmin aus Aladdin, während Neville an den dunkelhäutigen Vampir Laurent aus
Twilight erinnert. Zumindest bei Johanna
Marx merkt man auch, dass sie keine ausgebildete Sängerin ist. Dann wünscht
man sich stellenweise, dass das Lied schnell vorbei ist.
Aurel Bereute und Tom Ohnerast imponieren als Durdles und
dessen Gehilfe durch ihre komische Art. So kommen einem immer wieder
Assoziationen zu Dick und Doof oder anderen Komiker-Paaren. Zu Recht ernten sie
des Öfteren Szenenapplaus.
Den wohl größten Szenenapplaus des Abends bekommt Ilja Harjes in der Rolle des Bazzard,
als er den Butler am Weihnachtsabend im Hause von John Jasper spielt. Eine
große Doppelflügeltür, durch die Edwin und Rosa die Szene aus dem Sturm heraus
betreten, wird durch den starken Wind, der vor dem Haus herrscht, offen
gedrückt. In einer mehr als imposanten unbeholfenen Art und Weise versucht
Bazzard die Tür zu schließen und weckt dabei Erinnerungen an das „Dinner for
one“.
Suzanne McLeod
spielt die verruchte Prinzessin Puffer und bringt dabei ihre Stimme
eindrucksvoll zum Ausdruck.
Am Ende des Stückes stimmt das Publikum über den Mörder ab. An
diesem ersten Abend war Prinzessin Puffer die Mörderin und durfte in einem Lied
ihre Tat erklären. Für mich ist diese Entscheidung nicht schlüssig. Aber auch
einige andere Kandidaten für die Rolle des Mörders sind meiner Meinung nach
nicht schlüssig.
Das Stück ist wirklich sehr genial inszeniert. Immer wieder heitern kleine Szenen auf und Verknüpfen viele Assoziationen zu anderen literarischen Werken oder Filmen, wodurch einem alles irgendwie vertraut vorkommt. Aber nicht nur das, sondern viele kleine Dinge machen diese Show zu einem einzigen Erlebnis. Als Beispiel sei hier erwähnt, dass am Ende des Stücks Sitzreihen auf die Bühne gebracht werden und die Hauptcharaktere – oder doch die Darsteller? – dort Platz nehmen. Die erste Entscheidung, ob Edwin wirklich tot ist, wird vom Ensemble entschieden, allerdings darf Roberta bei dieser Entscheidung weder abstimmen noch zuschauen. Nach der einstimmigen Entscheidung, dass Edwin tot ist, wird sie von der Bühne gebeten, spielt herrlich überspitzt die Empörte und verlässt unter „Bye bye Roberta“-Rufen ihrer Kollegen die Bühne. Das Stück ist gespickt von solchen kleinen Verwebungen zwischen Stück und Privatem, die ihm einen einzigartigen Charakter verleiht. Nicht nur hier sieht man, wie viel Spaß die Cast bei diesem Stück hat.
Das Stück ist wirklich sehr genial inszeniert. Immer wieder heitern kleine Szenen auf und Verknüpfen viele Assoziationen zu anderen literarischen Werken oder Filmen, wodurch einem alles irgendwie vertraut vorkommt. Aber nicht nur das, sondern viele kleine Dinge machen diese Show zu einem einzigen Erlebnis. Als Beispiel sei hier erwähnt, dass am Ende des Stücks Sitzreihen auf die Bühne gebracht werden und die Hauptcharaktere – oder doch die Darsteller? – dort Platz nehmen. Die erste Entscheidung, ob Edwin wirklich tot ist, wird vom Ensemble entschieden, allerdings darf Roberta bei dieser Entscheidung weder abstimmen noch zuschauen. Nach der einstimmigen Entscheidung, dass Edwin tot ist, wird sie von der Bühne gebeten, spielt herrlich überspitzt die Empörte und verlässt unter „Bye bye Roberta“-Rufen ihrer Kollegen die Bühne. Das Stück ist gespickt von solchen kleinen Verwebungen zwischen Stück und Privatem, die ihm einen einzigartigen Charakter verleiht. Nicht nur hier sieht man, wie viel Spaß die Cast bei diesem Stück hat.
Ein weiteres Beispiel für den Spaß bei der Sache konnten wir
in der Pause erleben. Der Saal leerte sich relativ schnell. Plötzlich kam Axel
Herrig in den Saal gestürmt und bat laut darum, dass man ihn als Mörder wählen
solle, denn er hätte mit seinen Kollegen um eine Flasche Sekt gewettet.
Neben diesen vielen kleinen Aspekten ist es die gesamte
Aufmachung des Stücks, die den Abend abrunden. Die Kostüme unterstreichen auf
ihre liebevolle Art die Inszenierung, aber auch das Bühnenbild ist einfalls-
und abwechslungsreich. Das Orchester sitzt nicht in einem Graben, sondern hat
im hinteren Teil der Bühne seinen Platz.
Die weiteren Termine sind:
Freitag, 22.02., 19.30 Uhr
Dienstag, 26.02., 19.30 Uhr
Samstag, 16.03., 19.30 Uhr
Samstag, 23.03., 19.30 Uhr
Mittwoch, 27.03., 19.30 Uhr
Freitag, 05.04., 19.30 Uhr
Freitag, 19.04., 19.30 Uhr
Sonntag, 21.04., 15.00 Uhr
Samstag, 25.05., 19.30 Uhr
Freitag, 31.05., 19.30 Uhr
Samstag, 29.06., 19.30 Uhr
Dienstag, 09.07., 19.30 Uhr
Regieteam
Musikalische
Leitung: Thorsten Schmid-Kapfenburg
Inszenierung:
Karl
Absenger
Bühne
& Kostüme: Karin Fritz
Choreographie:
Teresa
Rotemberg
Choreinstudierung:
Inna
Batyuk
Dramaturgie:
Jens
Ponath
Besetzung
Prinzipal: Gerhard Mohr
Edwin Drood: Roberta Valentini
John Jasper: Axel Herrig
Rosa Budd: Julia Lißel
Hochwürden
Crisparkle: Peter Jahreis
Helena
Landless: Johanna Marx
Neville
Landless: Dennis Laubenthal
Prinzessin
Puffer: Suzanne McLeod
Durdles:
Aurel
Bereuter
Durdles'
Gehilfe: Tom Ohnerast
Bazzard:
Ilja
Harjes
Horace: Lars
Hübel
Inspizient: Tomasz Zwozniak
Tanztheater Münster
Opernchor
Sinfonieorchester Münster
Statisterie
Opernchor
Sinfonieorchester Münster
Statisterie