Samstag, 27. Juli 2013

Der Graf von Monte Christo – Premiere am 26. Juli 2013

Mit der Premiere von „Der Graf von Monte Christo“ hat in diesem Jahr nun auch die zweite Produktion der Freilichtspiele Tecklenburg begonnen. Ähnlich wie im letzten Jahr setzen die Verantwortlichen auf eine „Lachnummer“ – und damit ist keine Lachnummer im wörtlichen Sinne gemeint, sondern auf ein Musical, bei dem ordentlich gelacht werden kann – und auf ein dramatischeres Stück.
 
Auch dieses Jahr hat Marc Clear bei der Inszenierung dieses Stückes Geschick bewiesen. Natürlich kann eine Freilichtproduktion nicht mit den pompösesten Kulissen aufwarten, dennoch erkennt man hier die Liebe zum Detail, wenn auch mitunter an einige Erinnerungen aus dem Vorjahr verknüpft.

Wie auch bei Marie Antoinette schlüpft Marc Clear hier selbst ins Kostüm und mimt in diesem Jahr den Grafen von Monte Christo höchstpersönlich. Dabei ist sein Spielanteil hierbei mit geschätzten 50% deutlich höher als zuletzt. Stimmlich als auch schauspielerisch kann man ihm nichts vorwerfen. Beides ist grandios. Irritierend war die Inszenierung in scheinbar nicht enden wollenden Szenen. Auch das Premierenpublikum war unschlüssig wann man in der ein oder anderen Szene applaudieren sollte.
 
Edmond Dantès (Marc Clear) feiert seine Hochzeit mit Mercédès (Anna Thorén) als er verhaftet wird. Sie schwören sich auf den anderen zu warten und in den Sternen immer verbunden zu sein. Edmond hatte unwissend einen Brief von Napoleon überbracht und wird somit des Verrats bezichtigt. Unschuldig soll er begnadet werden bis ans Licht kommt, dass der Brief an den Vater des Oberstaatsanwalts Villefort (Reinhard Brussmann) überbracht werden sollte. Um diese Schande zu vertuschen wird Edmond ins Gefängnis gebracht. Das Komplott von Villefort, Mondego und Danglars (Frank Winkels) ist perfekt.
 
Anna Thorén spielt Mercédès, die Frau an Edmond Dantès' Seite, eine durchaus sehr facettenreiche Rolle, nicht nur glaubwürdig, sondern so hingebungsvoll wie man es von ihr gewohnt ist. Ebenso gelingt es ihr die Emotionen stimmlich umzusetzen und sorgt dabei nicht nur mit ihrem Belt für den ein oder anderen Gänsehautmoment. Anfangs noch frisch verliebt und vor allem voller Vorfreude auf das Leben mit ihrem Edmond, kehrt sich das Glück schnell um. Für ihre bewegende Interpretation von "All die Zeit" erntet sie zurecht mitunter den größten Applaus. Aber auch Marc Clear und Femke Soetenga erhalten für ihre Darbietungen langanhaltenden Szenenapplaus.
 
Während Edmond im Gefängnis sitzt, verbittert Mercédès zusehends und geht schließlich die Ehe mit ihrem Cousin Mondego, der von Carsten Lepper verkörpert wird, ein. Von Hass erfüllt erträgt sie die Eskapaden ihres Ehemannes und versucht ihren Sohn Albert (Thomas Hohler) zu einem anständigen Mann zu erziehen.
 
Mondego verbringt sein Leben entweder mit Glücksspielen oder im Bordell. Carsten Lepper spielt ihn imposant verrucht und schafft es auch stimmlich diesen Charakterzug rüberzubringen. Mal singt er mit scheinbaren Engelszungen, wenn er Mercédès trösten will, ein anderes Mal mit spitzer Zunge und verruchter Stimmfarbe.
 
Während Edmond im Gefängnis sein Dasein fristet und Jahr um Jahr verstreicht, lernt er Abbé Faria (Reinhard Brussmann) kennen, einen anderen Gefangenen, der sich seit Jahren zur Außenmauer durchgraben will, stattdessen aber in der Nachbarzelle bei Edmond angelangt. Allein der Auftritt von Reinhard Brussmann sorgt im Publikum für Lacher. Mich persönlich hat sein Erscheinungsbild stark an einen ergrauten Hagrid aus Harry Potter erinnert. Ob das bewusst so gewählt wurde, weiß ich nicht. Stimmsicher vermittelt er alle Weisheiten und lässt auch Raum für weitere Lacher.
 
Beim gemeinsamen Fluchtversuch stirbt der alte Mann schließlich, doch zuvor kann er Edmond auf seinem Sterbebett noch vom größten Schatz berichten und ihm die Schatzkarte aushändigen. Edmond schwört Rache, nutzt schließlich die Gelegenheit und schlüpft an Stelle Abbé Farias in den Leichensack und wird schließlich von den Wärtern aus dem Gefängnis ins offene Meer geworfen, wo er Piraten ins Netz geht. Er kann Luisa Vampa (Femke Soetenga), der Piratenführerin, eindrücklich durch seine offene Art und durch seine gutmütige Tat, dass er den Kampf um Leben und Tod zwar gewinnt, seinen Gegner aber nicht ermordet, begreiflich machen, dass sie ihn nicht wieder über Bord werfen. So wird er in die Piratenmeute aufgenommen und sein Gegner schwört ihm ewige Treue.
 
Die Szenen auf dem Piratenschiff zeichnen sich durch eine peppige Choreografie und starke Stimmen aus. Femke Soetenga spielt Luisa Vampa herrlich herrisch und niederträchtig. Aber auch die gefühlvolle Seite kann sie überzeugend zeigen, wenn Luisa kurzzeitig an ihre große Liebe denkt. Stimmlich überzeugt sie wie auch im Schuh des Manitu mit ihrer kraftvollen Stimme.
 
Edmond bittet die Piraten zur Insel Monte Christo zu segeln. Dort angekommen birgt er mit seinem Jacopo (Hakan T. Aslan), seinem Vertrauten, den Schatz. Hakan T. Aslan hat auch in diesem Jahr wieder die Chance aus dem Ensemble hervorzustechen. Bereits bei Marie Antoinette konnte er seine Stimme präsentieren. Auch dieses Jahr haucht er seiner Rolle Herzblut ein und macht erneut durch eine sehr überzeugende Leistung auf sich aufmerksam.
 
Nun ändert Edmond seinen Namen in „Graf von Monte Christo“ und verfolgt seine Rachegelüste. Er schickt Jacopo aus um in Erfahrung zu bringen was die drei, die ihn verraten haben, heute machen. Als er erfährt, dass Mercédès Mondego geheiratet hat und sogar einen Sohn hat, steigt seine Wut an.
 
Durch ein kleines Spiel lernt er Albert Mondego (Thomas Hohler) kennen und tut so als seien sie Freunde, der er ihm scheinbar das Leben rettet. Dass es sich nur um eine Intrige handelt, bemerkt Albert nicht. Der Graf lädt Albert und seine Familie zum Ball ein. Dort erkennt Mercédès ihren totgesagten Edmond. Doch die Wut steckt zu tief in Edmond, da er die Lügen nicht kennt.
 
Mit einer – wir würden es heute Scheinfirma nennen – Schwindelei treibt er Villefort, Mondego und Danglars in den Ruin. Frank Winkels kann leider nur in wenigen Szenen sein Können zeigen. Aber auch die Darstellung des deutlich bösartigeren Charakters im Vergleich zum Vorjahr gelingt ihm überzeugend und mit kraftvoller Stimme. Da der Name Mondego nun in den Dreck gezogen wurde, fordert Albert den Grafen zu einem Duell heraus. Sowohl seine Verlobte Valentine (Karoline Goebel) als auch seine Mutter versuchen ihn vergebens davon abzuhalten. Auch eine Entschuldigung Mercédès‘ kann Edmond scheinbar nicht beschwichtigen.
 
Thomas Hohler glänzt mit kraftvoller Stimme und grandiosem Schauspiel. Karoline Goebel weiß besonders in der Duell-Szene ihr Schauspiel zu entfalten und die entsetzte junge Valentine zu spielen. Stimmlich vermag sie mich allerdings nicht vollständig zu überzeugen, da mir der Stimmfarbenwechsel zwischen der Brust- und der Kopfstimme in ihrem Solo nicht so gut gefällt.
 
Albert wird schließlich doch verschont. Als Mercédès sich bei Edmond für diese Gutmütigkeit bedankt, deckt sie die Lügen Mondegos auf, indem sie Edmond erzählt, dass Mondego ihr damals sagte, dass Edmond im Gefängnis gestorben sei. Weiterhin beichtet sie ihm, dass Albert nicht Mondegos Sohn, sondern sein Sohn ist.
 
Natürlich hat Mondego alles mit angehört und verleugnet Albert als Bastard. Da er Edmond seine alte Liebe nicht gönnt, fordert er ihn zu einem Fechtkampf heraus, den er verliert. Edmond fordert den Verlierer auf in Frieden zu gehen, doch dieser greift erneut an, weshalb Edmond ihn ersticht. Die Familie ist nach vielen Jahren endlich vereint.
 
Das Stück hat durchaus seine Vorzüge, auch wenn es im Vergleich zu vielen aktuellen Großproduktionen ganz anders angelegt ist. Ein wenig enttäuschend ist allerdings die sichtbare Hierarchie von der Ausstattung her. So wären an einigen Stellen hochwertige Perücken wünschenswert. Allerdings muss ich noch hinzufügen, dass die Wahl der Perücken im Vergleich zu 2009 einen Quantensprung gemacht hat. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass es in den nächsten Jahren eine weitere Steigerung geben wird. Leider spielte an diesem Abend auch der Ton nicht immer ganz mit, sodass gerade im ersten Akt der Text zeitweise kaum zu verstehen war, da die Aussteuerung nicht immer gelang. Diese Probleme werden aber hoffentlich in den nächsten Shows behoben werden.
 
Wie auch in den Jahren zuvor zeichnen sich die Freilichtspiele durch ihre großen Ensemblenummern aus. Großartig sind in diesem Jahr auch die Kampf- und Fechtszenen, die großen Eindruck hinterlassen.
 
Die hochkarätige Besetzung ist ebenfalls eine Art Markenzeichen der Freilichtspiele Tecklenburg. Große Stimmen und überzeugende Schauspieler machen diese Inszenierung sehenswert.
 
Die Besetzung im Überblick:










Edmond Dantès / Der Graf von Monte Christo
Marc Clear
Mercédès
Anna Thorén
Mondego
Carsten Lepper
Danglars, Spekulant
Frank Winkels
Villefort, Oberstaatsanwalt
Reinhard Brussmann
Abbé Faria, Gefangener
Reinhard Brussmann
Luisa Vampa
Femke Soetenga
Albert Mondego
Thomas Hohler
Valentine de Villefort
Karoline Goebel
Jacopo, Edmonds Vertrauter
Hakan T. Aslan
Morrel, Reeder
Alexander Bellinkx


Ensemble:
Sophie Blümel – Milena Hagedorn – Anke Merz – Daniela Römer – Marthe Römer – Silja Schenk – Stéphanie Signer – Elena Zvirbulis – Jan Altenbockum – Alexander Bellinkx – Sebastian Brandmeir – Marius Hatt – Andrew Hill – Stefan Lehmann – Siegmar Tonk – Benjamin Witthoff

 
Schade finde ich es weiterhin, dass das Fotografieren verboten bleibt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass diejenigen, die gegen das Filmverbot verstoßen haben, auch weiterhin dagegen verstoßen werden.

2 Kommentare:

  1. Endlich konnte ich den Bericht auch mal lesen :-). Du hast es mal wieder auf den Punkt gebracht - super geschrieben! Wir hatten gestern in der Show auch Probleme beim Ton. Bin gespannt, ob sich das noch ändern wird im Laufe der nächsten Shows - ansonsten wäre das echt irgendwie blöd.

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  2. Toller Bericht! Ich war auch am 27. in der Show. Mir hat es gut gefallen, nur die richtigen Gänsehautmomente fehlten irgendwie...

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